Wenn sich feines Mehl, zarte Butter, Zucker, Mandeln, Rosinen und edle Gewürze zu einem köstlichen und traditionsreichen weihnachtlichen Gebäck vereinen und die Rezepte dafür oftmals wahre Familiengeheimnisse sind, dann kann es nur um einen gehen: den Stollen. Ein Backwerk mit viel Geschmack und ebenso vielen Geschichten, die wir dir gerne erzählen. Also hol dir schnell eine Tasse Tee und mach es dir gemütlich – für unsere kleine Geschichte des Stollens.
Ein zuckersüßes Jesuskind
Wann und wo der erste Stollen gebacken wurde, ist nicht bekannt – die erste urkundliche Erwähnung stammt aber schon aus dem 14. Jahrhundert. Er gehört zu den so genannten Gebildbroten, die seit jeher den Wunsch der Menschen nach Fruchtbarkeit, einer guten Ernte oder Gesundheit zum Ausdruck bringen sollten. Die traditionelle Form und die dicke Zuckerschicht des Stollens waren (und sind noch immer) ein Symbol für das in Windeln gewickelte Jesuskind, weshalb er auch gerne als Christstollen bezeichnet wird.
Fades Fastengebäck
Man mag es heutzutage kaum glauben, aber früher war der Advent eine Zeit des strengen Fastens. Butter, Fleisch und Eier waren tabu und der Stollen in seiner Anfangszeit eine derbe Fastenspeise aus Wasser, Mehl und Öl – eine Art fetthaltiges Brot, das wohl vor allem dazu diente, die kargen Wochen vor Weihnachten halbwegs gut zu überstehen. Klingt nicht berauschend, oder?
Papst Innozenz VIII. und der Butterbrief
Das dachten sich im Jahr 1470 auch die Brüder Kurfürst Ernst von Sachsen und Herzog Albrecht der Beherzte. Sie schrieben einen Brief an den Papst in Rom mit der eindringlichen Bitte, er möge das Butterverbot in der Fastenzeit aufheben. Doch erst 1491 kam die lange ersehnte Antwort des damals amtierenden Papstes Innozenz VIII.: Mit seinem berühmten „Butterbrief“ lockerte er endlich die strengen Backvorschriften – und der Karriere des Stollens vom Fastengebäck zum Genussprodukt stand nichts mehr im Weg.
Drei Kilo Zucker für eine Kuh
Der Stollen begann rasch, sich geschmacklich zu verändern. Große Mengen Butter, Gewürze, Mandeln, Rosinen und Zucker wurden verwendet und machten ihn zunächst zu einem Prestigegebäck für die oberen Zehntausend. Denn die Zutaten waren purer Luxus: Im 15. Jahrhundert kosteten drei Kilogramm Zucker so viel wie ein ganzes Rind!
Ein Riesenstollen für den Kurfürsten
Einer der größten Stollen-Liebhaber war der sächsische Kurfürst August der Starke. 1730 ließ er von Bäckermeister Zacharias und 60 Bäckerknechten einen Riesenstollen aus 3600 Eiern, 326 Kannen Milch und einer Tonne Weizenmehl backen. Der Überlieferung nach war dieser Stollen etwa 7 Meter lang, 3 Meter breit, 30 cm dick und wog stolze 1,8 Tonnen. Er wurde in einem eigens dafür gebauten Ofen gebacken und danach auf einem von 8 Pferden gezogenen Wagen zu August gebracht. Dort wurde er mit einem überdimensionalen Messer angeschnitten und in 24.000 Portionen aufgeteilt. Tja - schade, dass es damals das Guinness-Buch der Rekorde noch nicht gab!
Gestern … und heute
Mit den Jahren wurde der Stollen gesellschaftsfähig, seine Zutaten erschwinglich – und heute gehört er neben Lebkuchen, Vanillekipferln und Zimtsternen zu einem besinnlichen Advent einfach dazu. Übrigens ist jetzt genau die richtige Zeit, ihn zu backen, denn einige Wochen sollte er – je nach Rezeptur – lagern dürfen, damit er seine feinen Aromen voll entfalten kann. Also los: Unser Lieblingsrezept für Weihnachtsstollen wartet schon auf dich!